Twin Peaks Staffel 3 Wie Viele Folgen
von Jan Schl�ter 09. September 2017, 17:53 Uhr
Nach dem Ende der ph�nomenalen dritten Staffel versucht unser Redakteur in Worte zu fassen, warum ihn �Twin Peaks� nun mehr fasziniert als je zuvor. Ein spoilerfreier Erfahrungsbericht eines Serien-Nerds, den eigentlich nichts mehr schocken konnte.
Cast & Crew �Twin Peaks� Season 3
- Erfinder und Autoren: David Lynch, Marking Frost
- Regie: David Lynch
- Darsteller: Kyle MacLachlan, Chiliad�dchen Amick, Jennifer Jason Leigh, Naomi Watts u.a.
- Ausf. Produzenten: Frost, Lynch, Sabrina South. Sutherland
- Musik: Angelo Badalamenti
- Produktion: Rancho Rosa Partnership Product, Lynch/Frost Production f�r Get-go
- Folgen: eighteen (je 45-threescore Min.)
�Information technology makes me uncomfortable to talk about meanings and things. It�s amend not to know so much about what things mean. Because the meaning, it�s a very personal thing, and the pregnant for me is dissimilar than the meaning for somebody else.�
David Lynch
Die northward�chsten Zeilen werden ziemlich pers�nlich. Normale Ma�st�be kann man an David Lynchs Werke ohnehin nicht anlegen, likewise versuche ich es erst gar nicht. Ich m�chte dar�ber schreiben, wie die dritte Staffel seiner Serie �Twin Peaks� meine Sicht auf das Serienmedium ver�ndert chapeau. Und warum �Twin Peaks� f�r mich vielleicht dice gro�artigste Serienerfahrung ist, die ich je gemacht habe.
Seit mehr als zehn Jahren schreibe ich �ber das Fernsehgesch�ft, damit auch �hnlich lange �ber Serien. In diese Zeit f�llt der kometenhafte Aufstieg der sogenannten Qualit�tsserien; das Medium etabliert sich in der Jugend- und Popkultur. Wer mitreden volition, schaut �Game of Thrones�, veranstaltet Rampage-Marathons auf Netflix oder liest dice aktuellen Reviews. Gerade bei j�ngeren Generationen geh�rt sowas dazu.
2007 war dies noch ganz anders. Ungef�hr zu dieser Zeit muss ich �Twin Peaks� entdeckt haben. Wenn man sich mit Serien besch�ftigt, st��t man irgendwann zwangsl�ufig auf diesen Namen. Und h�rt: �Twin Peaks� soll der Pionier dieser modernen Qualit�tsserien sein, ein geradezu revolution�rer Vorl�ufer, der gro�en Einfluss hatte auf die heutigen Produzenten. Zwei wesentliche Merkmale von David Lynchs Serie: Sie erz�hlte horizontal, also �ber viele Folgen hinweg. Und sie vermischte Genres, war damit nicht in Schubladen einzuordnen. �Twin Peaks� state of war keine Mysteryserie, kein Thriller, kein Coming-of-Age-Drama, keine Lather, keine Whodunit-Geschichte. Sondern alles zusammen. Das war im Jahr 1990 revolution�r, als die ersten Folgen �ber den Bildschirm flimmerten.
Ich state of war von dem Format begeistert, auch wegen der gro�artigen Inszenierung David Lynchs und wegen der Schauspieler. Langsam wird der Zuschauer �ber eine relativ gew�hnliche und nachvollziehbare Geschichte � Wer ermordete Laura Palmer? � in den komplizierten Mythos Twin Peaks hineingezogen, mit all seinen b�sen Kr�ften, dem Kleinstadt-Horror, mit alternativen Welten und vielen Fragen, die offen bleiben.
25 Jahre lang wurden diese Fragen nicht beantwortet. Aber David Lynch state of war mit �Twin Peaks� noch nicht fertig. Damit schloss sich auch ein Kreis: Seine Serie ist mitverantwortlich daf�r, dass heute eine solche Landschaft von Qualit�tsserien existiert und dass wir komplexe Geschichten binge-watchen. Dice Sehgewohnheiten haben sich ge�ndert. Genau diese Bedingungen waren n�tig, damit �Twin Peaks� fortgesetzt werden kann. Der Chef vom Sender Commencement, der die dritte Staffel in Auftrag gab, best�tigt dies: Nur rund zehn Prozent der Zuschauer sahen �Twin Peaks� in der regul�ren Ausstrahlung, alle anderen erst im Nachhinein �ber Aufnahmen oder On-Demand-Dienste.
Trotzdem habe ich diese dritte Staffel nicht an einem St�ck geschaut. Stattdessen habe ich jede Woche eingeschaltet, einen ganzen Sommer lang am Montagabend. Seit vielen Jahren habe ich eine Serie then nicht mehr konsumiert. Aber ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht und konnte nicht warten. Mit einer ausgiebigen binge-Erfahrung von anderen Formaten kann ich nun (wieder) sagen: Diese klassische Art, Serien zu schauen, ver�ndert auch den Blick auf die Inhalte. Wenn ich eine Serie west�chentlich �ber einen l�ngeren Zeitraum schaue, reflektiere ich mehr, mache mir mehr Gedanken, verarbeite Ereignisse. Gerade bei �Twin Peaks� gibt es viele Interpretationsm�glichkeiten und R�tsel, denen human being sich im Cyberspace auf dice Spur machen kann � �brigens auch eine wichtige Bedingung f�r die neue Serie. 1990 gab es noch kein Internet, das als Diskussionsmedium fungieren konnte. Dies f�hrt meiner Meinung nach dazu, dass �Twin Peaks� in Staffel drei komplexer, undurchschaubarer und interpretationsoffener ist als fr�her � und es nun eben auch sein darf. Aber dies macht gerade auch den Reiz aus. Welche Serie fordert den Zuschauer schon noch then heraus? Welche Serie besch�ftigt einen schon noch so intensiv, nachdem der Abspann gelaufen ist?
Eine episch-biblische Geschichte um Gut und B�se
Ein gemeinsamer Nenner der neuen Episoden ist folgender: David Lynch konterkariert jegliche Erwartung. Was auch immer man sich im Vorfeld �ber die dritte Staffel vorgestellt hatte, es traf nicht ein. Und auch westward�hrend der Staffel wurden dice Erwartungen gebrochen � ganz besonders beim Finale. Vorhersehbar ist nichts in �Twin Peaks�. Und dies fasziniert mich als Serien-Nerd besonders. Wenn human being viele Formate geschaut chapeau, dann vergleicht homo. Human ordnet ein, sieht Story-Entwicklungen voraus und langweilt sich manchmal. Es ist schwer geworden im heutigen Seriengesch�ft, die Zuschauer � Serienfans wie mich ganz besonders � zu �berraschen und Neues auf den Bildschirm zu bringen. David Lynch und Mark Frost haben aber genau das geschafft, und das, obwohl sie keine neue Serie kreierten, sondern auch noch eine alte (und damit grunds�tzlich bekannte) fortf�hrten. Sie gaben den Fans nicht das, was die Fans wollten. Sondern sie gaben den Fans das, von denen diese noch gar nicht wussten, dass sie es wollten. Anders gesagt: Auch wenn alle Erwartungen entt�uscht wurden, ist �Twin Peaks� ein Meisterwerk. Oder gerade deswegen.
Beispiele f�r gebrochene Erwartungshaltungen gibt es viele: Die Geschichte spielt in Staffel drei weit �ber die Stadt Twin Peaks hinaus, sie besucht viele Orte in den USA und lid damit viele auch atmosph�risch unterschiedliche Settings. Dice soapigen Genre-Versatzst�cke fallen nahezu komplett weg, gleichzeitig fehlen die Coming-of-Age-Elemente: War �Twin Peaks� fr�her auch eine Serie �ber das Erwachsenwerden mit vielen jungen Charakteren voller (entt�uschter) Ideale und Tr�ume, so wird dice Jugend nun gebrochen dargestellt, drogens�chtig und desillusioniert. Dice neuen Folgen portr�tiert eher Hoffnungslosigkeit, sie zelebriert das �lterwerden, auch weil nat�rlich viele der fr�heren Charaktere Hauptrollen spielen. FBI-Amanuensis Gordon Cole h�rt noch schlechter als fr�her, die Log Lady sitzt am Beatmungsger�t, Trailerpark-Manager Carl Rodd ertr�gt mit �ber ninety Jahren das Elend, das sich hinter den Fassaden abspielt. Einige Schauspieler sind mittlerweile verstorben, ihnen wurden Einzelepisoden gewidmet.
Anders als in den ersten beiden Staffeln weitet sich der Fokus von �Twin Peaks�: Es ist nicht mehr nur die Kleinstadt-Geschichte um Laura Palmer und den b�sen D�monday BOB, sondern eine episch-biblische Geschichte um Gut und B�se geworden. Laura und BOB sind nur Puzzleteile in einem jahrzehntealten Kampf, der sich unter anderem in Twin Peaks manifestiert. Gro�artig an dieser Staffel ist, wie sie dice Story aus den alten Staffeln perfekt aufgreift und fortf�hrt, gleichzeitig aber eine neue erz�hlt. Es ist, als w�rde man zu alten Bekannten heimkehren, doch diese alten Bekannten haben sich im Laufe der Jahre stark ver�ndert. Dice gro�en Schauspieler erfahren eine gro�e Huldigung � allen voran Kyle MacLachlan, der gleich mehrere v�llig unterschiedlich angelegte Hauptrollen spielt. Das Finale ist eine Verbeugung vor der wunderbaren Sheryl Lee als Sarah Palmer. Generell etabliert Lynch in der dritten Staffel wichtige inhaltliche Rollen, ohne dass diese visuell anwesend sind: Vieles dreht sich wieder um Laura, obwohl der Charakter abseits des Finales kaum auftaucht. Andere Schauspieler sind bereits verstorben, aber ihre Rollen dennoch f�r dice Story essentiell � so Major Briggs (Don Davis), BOB (Frank Silva) und Philipp Jeffries (David Bowie). Auch das habe ich and so noch nie in einer anderen Serie gesehen.
�Twin Peaks�: Die Serie musste reifen wie guter Wein
�Twin Peaks� ist mehr als je zuvor ein vielschichtiges Puzzle, das dekonstruiert werden will. Kameraeinstellungen und Ger�usche f�hren n�her zur subjektiven Wahrheit; jeder Satz ist wichtig in diesem Komplex aus verschiedenen Zeit- und Raumebenen, Anderswelten, spirituellen Entit�ten, Doppelg�ngern und Traumsequenzen. Andere Fans diskutieren ausgiebig verschiedenste Theorien, lassen ganze Folgen synchron nebeneinander laufen, weil Lynch und Frost auch hier Hinweise auf die Geschichte verstecken. Erst bei dritten und vierten Run entdeckt man, dass sich Szenerien pl�tzlich von einer Einstellung auf die andere ver�ndern. Eine solche Detailverliebtheit habe ich noch nie erlebt. Manche Szenen sind schwarzwei�, andere wirken wie dice LSD-Sequenz aus Kubricks �2001�. Eine ganze Folge fungiert als Horror-Backstory zu den sp�teren Ereignissen und versetzt uns in die 40er und 50er Jahre. Einmal mehr, �hnlich wie 1990, haben Lynch und Frost f�r mich die Grenzen des seriellen Erz�hlens erweitert und mir gezeigt, was in diesem Medium (immer noch) one thousand�glich ist. �Twin Peaks� ist wie kein anderes Format auf so vielen Ebenen und in so viele Richtungen interpretierbar. Jeder findet seine eigene (Horror-)Vision in der Geschichte wieder.
Diese dritte Staffel ist eine Antithese zum schnell produzierten Serien-Einheitsbrei unserer Zeit. Man merkt, dass Lynch und Frost 25 Jahre Zeit hatten, um ihre Vision zur�ckzubringen. Und jede einzelne Szene l�sst diese jahrelange Arbeit sp�ren. Zur Faszination dieser Serie geh�rt too f�r mich auch, dass sie and then lange gebraucht chapeau, bis sie zur�ckkehrte. Es wirkt so, als habe man nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, um weiterzuerz�hlen. Die Emotionen, die ich nun beim Sehen empfinde, haben sich mit jedem Jahr ohne �Twin Peaks� potenziert. Nur durch dice lange Wartezeit kann ich solch eine Geschichte so intensiv wahrnehmen. Diese Fine art Story h�tte nicht fr�her erz�hlt werden k�nnen, und sie h�tte auch nicht eigenst�ndig mit anderen Charakteren funktioniert. Kurz: Nur wenn man �Twin Peaks� vor vielen Jahren erlebt hat, entfaltet dice dritte Staffel ihre volle Wirkung. Diese Serie ist wie ein guter Wein, sie musste erst reifen, um getrunken zu werden.
Um in der Metapher zu bleiben: Die neuen Folgen sind f�r mich ein gro�artiger Abschluss der gesamten Geschichte; das Glas ist leergetrunken. Ich habe Frieden mit �Twin Peaks� geschlossen. Zumindest in dieser Realit�t. Irgendwie.
"I don't desire to lose myself
This night I sleep to dream of a identify that'south calling me
It'southward a whisper
Information technology is ever only a dream
It's a funny thing
Still I cannot forget what I accept seen"
Au Revoir Simone, in �Twin Peaks� S3E9
Source: https://www.quotenmeter.de/n/95701/twin-peaks-staffel-3-lynch-du-verdammtes-genie
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